Rooming-In auf der Neonatologie

 

Eine sichere Mutter/Eltern-Kind-Bindung ist die fundamentale Ressource für die Entwicklung allgemeiner Stärken und die Beziehungsgestaltung im eigenen Leben. Im Falle von Krankheit wird die erste, hochsensible postnatale Zeit der Bindung unterbrochen und das Baby immer noch häufig von seinen Eltern getrennt. „Dies bedeutet Beschwerlichkeit von Krankheit, Schmerz und die Gegenwart fremder Menschen. Eine natürliche Stillbeziehung ist – wenn überhaupt – nur eingeschränkt möglich“, weiß Dr. Beatrix Schmidt, Chefärztin der Kinderklinik im St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Tempelhof. 

 

„Auf den meisten neonatologischen Intensivstationen ist es auch heute noch nicht gestattet, dass Mütter/Eltern ihr Kind selber versorgen. Dies führt häufig dazu, dass es den Eltern schwer fällt, gegenüber den kindlichen Bedürfnissen Aufmerksamkeit zu entwickeln.“Dr. Beatrix Schmidt, Chefärztin der Kinderklinik im St. Joseph Krankenhaus Berlin-Tempelhof.

Nach Meinung der Medizinerin sollte es Ziel einer jeden Kinderklinik sein, neben medizinisch bestmöglicher Versorgung, auch den Erhalt einer „gesunden Familie“ zu fördern.

Die Kinderklinik des Josephinchen, Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit im St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Tempelhof blickt inzwischen auf eine siebenjährige Erfahrung eines Rooming-In Konzepts auf der neonatologischen Intensivstation zurück. „Von 24 Betten sind 16 als Rooming-In Zimmer konzipiert, Mütter oder auch Eltern wohnen bei uns direkt bei ihrem kranken Früh-/Neugeborenen“, so Dr. Schmidt.

Das Berufsbild des neonatologisch versierten Personals habe sich dadurch komplett verändert: von der Pflegekraft für die Früh- und Neugeborenen zur Fachanleiter/in für die Eltern. Hilfreich für diese Entwicklung war 2007 die Zertifizierung als weltweit erste „Babyfreundliche Kinderklinik der WHO/UNICEF Initiative“. „So wird das komplette Team 18 Stunden pro Jahr geschult, um sich bestmöglich um Bindung, Entwicklung und Stillen (B.E.St.® Kriterien) kümmern zu können, hauseigene Richtlinien für jegliches Handeln wurden entwickelt“, erklärt Schmidt weiter.

Eine frühe Trennung zwischen Eltern und krankem Früh/Neugeborenem wird im St. Joseph Krankenhauses vermieden, ein täglich langer und intensiver Hautkontakt aktiv unterstützt. Die Pflegekräfte in der Kinderklinik des St. Joseph Krankenhaus „fitten“ die Eltern im Umgang mit ihrem Baby und leiten sie in der Praxis an. „Da die Eltern oder zumindest die Mamas bei uns den ganzen Tag da sind, werden sie bei allen, teils auch schmerzhaften, Prozeduren an ihrem Kind einbezogen – das ist unheimlich wichtig für die gegenseitige Bindung“, so die Chefärztin.

 

Trotz aller initialen Ängste das althergebrachte Prinzip der „Großraumüberwachung“ zu verlassen, ist sich das Team der Neonatologie, nach nunmehr sieben Jahren praktischer Erfahrung mit dem Rooming-In Konzept einig, dass dieses auf neonatologischen Intensivstationen eine optimale medizinische Versorgung in familiengerechter und bindungsfördernder Umgebung gewährleistet. „Die Eltern sind zufriedener, kompetenter, zugewandter und eine gesunde Familie wird entlassen“, sind Dr. Schmidt und ihr Team überzeugt.

Bild-/Textquelle: Kinderklinik, St. Joseph Krankenhaus, Berlin-Tempelhof